Alles gleich und sofort gewollt. Wozu gründet man denn eine Band? Um radikalen Gedanken bloß nicht die traditionelle Form zu geben. Die Musik sollte in die ungebändigte, gefühls- und ausdrucksstarke Welt der jungen Wilden passen. Dafür gibt es im Ibbenbüren der ausgehenden 1990er-Jahre ein beflügelndes Umfeld. Die Donots wirbeln bereits, diverse Vorläuferbands der Post-Hardcore-Truppe Waterdown lassen von sich hören. Ein riesiger Laden für Musikinstrumente und Beschallung macht sich am Stadtrand breit. Die Prinicpal-Studios haben ihre Pforten in unmittelbarer Nähe geöffnet. Und die bandfreundliche Atmosphäre im Jugendzentrum „Die Scheune“ trägt ein Übriges zur kreativen Aufbruchsstimmung der Gegend bei. „Davon haben auch December Peals ganz profitiert“, blickt Bassist Toby Richter in diese Zeit zurück, „schnell haben wir damals Konzerte spielen können. Auch der erste Tonträger ‚First In Flight’ ließ nicht lange auf sich warten. Die Donots und die Beatsteaks laden uns in ihr Vorprogramm ein.“
Kein Zwang zu gar nichts
Alle Zeichen stehen auf massiven Erfolg. „Doch als es um die ersten Kompromisse ging, die du nun einfach mal machen musst, wenn’s in die oberen Regionen der Popwelt gehen soll, haben wir uns verweigert“, lacht Toby Richter, „ wir aber wollten auf keine Formate achten, auf keine Genres Rücksicht nehmen. Wir wollten uns von nichts und zu nichts zwingen lassen. Da bleib nur der Underground.“ December Peals vertrauen voll und ganz auf ihre schöpferische Kraft und auf ihre über die Zeit gewachsene fast blind funktionierende kreative Kommunikation. Und schaffen grandiose Meisterwerke, die sich aus den unterschiedlichsten Quellen speisen: Metal, Stoner- oder Hardrock, aber auch die Einflüsse von Bob Dylan spielen eine Rolle. Und hinzu gesellt sich ein großes Talent, formvollendet Geschichten zu erzählen und aufregende musikalische Spannungsbögen in die Stücke zu zaubern. „Beim Arbeiten an den Stücken hat sich über Zeit, die wir uns kennen, ein Kompositionsprozess herausgebildet, der mit klassischem Jammen im Proberaum beginnt. Daraus entwickelt sich dann eine Gesangsmelodie, zu der unser Sänger Andreas Loba einen Text schreibt“, zeigt Toby Richter auf, „Die endgültige Form findet das Lied dann durch sukzessive Reduzieren.“ Fertig ist ein Lied bei December Peals dann, wenn man nichts mehr weglassen kann. Eine äußerst probate Herangehensweise, die dem Prinzip huldigt, weniger ist mehr. Bei December Peals ist dieses Weniger jedoch viel mehr. Voller Durchschlagskraft, Energie und den notwendigen Ecken und Kanten, an denen der aktive Hörer Freude haben wird, weil er seinen höchstpersönlichen Raum erhält und sich an den Kanten reiben kann. So hat er die Chance bei jedem Hören etwas Neues zu entdecken. Heute etwas anderes las gestern. Morgen wieder etwas anderes. Und auch in ferner Zukunft sind die Entdeckungspotentiale, die December Peals in ihren Stücken bereitstellen, in großer Zahl vorhanden. Das nennt man wohl zeitlose Klänge.
Die volle Kontrolle
Wer schon, wie December Peals es tun, gegen den Strom schwimmt, der kann in Sachen Kontrolle des eigenen Schaffens auch gleich noch einen Schritt weiter gehen. „Wer so konsequent mit der eigenen Musik umgeht, der denkt häufiger über ein eigenes Label nach“, führt Toby Richter aus, „jetzt war die Zeit dafür einfach reif. Die Arbeit der Vermarktung und der Betreuung wird auch nicht auf ein Bandmitglied abgewälzt. Jeder von uns deckt einen bestimmten Bereich ab.“ Aber auch in kreativer Hinsicht haben December Peals für das neue Album „Come Hell Or High Water“ eine Konsequenz gezogen, die den Möglichkeiten der Truppe mehr als gerecht wird. „Tja, wir sind erneut in die Principal-Studios gezogen, unseren Hausproduzenten Toni Meloni an der Seite und haben die Platte so eingespielt, wie es für die Lieder am dienlichsten war - live“, schwingt immer noch Stolz in der Stimme von Toby Richter mit, „so ist es gelungen, die schwitzige Proberaumatmosphäre und die dazugehörige Authentizität auf Platte zu bannen.“ Vom ersten Ton an wird der Hörer auf einen Parforceritt mitgenommen, der wilder nicht sein kann. Die Mischung ist wuchtig und roh. Zwischendrin wird der Hörer mal aufs Glatteis geführt, ein langsam, verschlurftes Lied wird angetäuscht. Eins, so zum Runterkommen, zum Luftschnappen. Doch denkste. Kaum das man den Mund aufgemacht hat, um relaxt eben jene Luft zu atmen, brettern December Peals ohne Rücksicht auf Verluste wieder los. Mit „Come Hell Or High Water“ beweisen December Peals ein ungewöhnliche Reife, die sicherlich auch mit der selbstbestimmten Geschichte der Band zu tun hat. Über die Jahre -in denen viele Bands an December Peals vorbeigezogen und auch wieder abgestürzt sind- haben sie sich vom unbändigen Sturm und Drang hin zum einem Fels in der Brandung entwickelt, den selbst die höchsten Wellen nicht mehr beeindrucken. In der Ruhe liegt eben doch die Kraft, die manches Mal ungebändigter sein kann, als wüstes Vorwärtsdrängen. Dafür ist die musikalische Kraft von December Peals weiter gewachsen. Sie ist inzwischen so zielgerichtet, so liedorientiert, so frisch, so unverbraucht und so wegweisend.
Text: Franz X.A. Zipperer